Das Recht auf den Tod

Das Recht auf den eigenen Tod kann niemandem verwehrt werden. Wer sich im Vollbesitz seiner_ihrer geistigen Fähigkeiten dazu entschließt, sterben zu wollen, hat jedes Recht dazu. Ein moralischer Staat würde dafür sorgen, dass die Möglichkeit zu einem weitgehend schmerz- und komplikationsfreihen Freitod existiert. Der heutige Gesetzesentwurf dagegen ist absolut paternalistisch und greift auf ungeheure Art und Weise in das Entscheidungsrecht von Sterbenskranken und Todeswilligen ein. Die Konsequenz daraus wird sein, dass jenen, die sterben möchten, jegliche Hilfe verwehrt werden wird und sie werden umso öfter zu Maßnahmen greifen müssen, die ihren Tod schmerzhaft und komplikationsreich gestalten. Eine derartige Ignoranz des freien Willens ist widerlich.

Verdrehte Welt

Ich bewege mich nun schon wirklich seit einigen Jahren in Kreisen, in denen antifaschistisch gearbeitet wird. Aber manchmal gibt es Situationen, die trotzdem noch so beklemmend und erschreckend sind, dass man gar nicht genau weiß, wie man eigentlich darüber reden soll.

Heute befand ich mich das erste mal wirklich in einer extrem bedrohlichen Situation, bei der man von Glück sprechen kann, dass sie so glimpflich ausging. Gemeinsam mit zwei Freundinnen saßen wir im Zug ca 30-40 Nazihooligans gegenüber, die uns schon auf den Bahnsteig bedrohten, beschimpften, abfotografierten. Aufgrund beschissener Zugverbindungen mussten wir aber auch diesen Zug nehmen und suchten Schutz bei zivileren Menschen. Aber obwohl wir um Hilfe baten, drehten sich Angesprochene auf dem Bahnsteig weg und meinten, wir müssten ja nicht auf die Nazis eingehen( was wir nicht mal taten), als wir im Zug fotografiert wurden und uns in unsere Schals wickelten während wir gleichzeitig versuchten, den “Fotografen” zu vertreiben, meldete sich trotz vollen Abteils kein einziger Fahrgast zu Wort, um sich einzumischen.

Alles in Allem hatten wir Glück, dass nichts weiter passierte, allerdings bekommt man es wirklich extrem mit der Angst zu tun, wenn man sieht, wie in solchen Situationen Gruppendynamiken wirken. Ja, Ängste spielen eine Rolle, es gehört Mut dazu- aber wenn drei Menschen sich offensichtlich in einer mehr als unangenehmen Situation befinden, warum steht dann niemand auf, warum sind sie komplett auf sich allein gestellt und können selbst zusehen, dass sie irgendwie glimpflich davonkommen?

 

Und wie kann es sein, dass noch immer und immer wieder von linkem Extremismus, von einer steigenden linken Gefahr gesprochen wird, wenn gewaltbereite Neonazis Menschen bedrohen können (und dies oftmals ein wesentlich böseres Ende nimmt als bei uns), während dutzende Menschen darum stehen und nicht eingreifen? Warum wird diese Gefahr nicht endlich thematisiert, wenn nach Pegida-Aufmärschen ein Mensch zu Tode kommt, die Gewalt mit rassistischem Hintergrund immer weiter steigt und Menschen sich in der Öffentlichkeit mit Vergewaltigungsdrohungen durch Nazis konfrontiert sehen, weil sie sich gegen Diskriminierung einsetzen? Ich bin eigentlich nur noch sprachlos, fassungslos und ernüchtert. Es ist so dringend notwendig, diese sozialen Dynamiken und Schwerpunktsetzungen zu hinterfragen und zu verändern, denn sie sind so sehr mitverantwortlich dafür, dass Rassismus, Sexismus, gewalttätige Übergriffe und Ausgrenzung sich weiterhin in der Gesellschaft halten können.

Dinge, die Angst machen

In Dresden, Köln, auch in Bonn und Düsseldorf gehen hunderte bis tausende Menschen auf die Straße, um gegen eine angeblich drohende Islamisierung des Abendlandes zu demonstrieren.  In immer mehr Städten gründen sich Ableger von PEGIDA (Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes).

Abgesehen davon, dass man in Deutschland mit ca 6 Millionen Muslim*innen davon wohl kaum sprechen kann, reicht ein Blick auf die Zusammensetzung und die Thesen der Organisatoren dieser Demos, um zu sehen, was für eine widerlich menschenverachtende Gesnnung dahintersteckt.

Haufenweise Nazis aus dem extrem rechten Sprektrum nutzen die Angst vieler Menschen vor Abstiegen, Altersarmut etc. aus, um damit Stimmung gegen Migranten und Muslime zu machen.

Aber auch die Menschen, die dort mitlaufen, sind nicht alles bloß hamlose Leute, die mit dieser rechten Gesinnung eigentlich nichts am Hut haben. Es sind Leute, die “Wir sind das Volk” und “Deutschland den Deutschen” brüllen, die Hitlergrüße zeigen und mit Lügen und falschen Fakten versuchen, ihre eigenen Probleme auf Andere zu projizieren,die ja nichts gegen die “guten” Ausländer haben, die ihre eigene Kultur ablegen und sich integrieren (was ja selbstverständlich auch nur Sache der Migranten ist, welche Rolle bei der Integration eine so unfreundliche und verschlossene Gesellschaft wie die Deutsche spielt, wird dabei auch gerne mal übergangen), aber wehe, wenn jemand einen anderen Glauben hat, eine andere Sprache spricht oder gar eine andere Hautfarbe hat.

Und gerade die Tatsache, dass diese Menschen, die da auf die Straße gehen, nicht bloß Nazis sind, die seit Jahrzehnten in gewaltbereiten rechten Milieus agieren, sondern Wutbürger*innen, BILDLeser*innen, “Besorgte Eltern”, alte Menschen, die als Nachkriegsgeneration eigentlich ein anderes Bewusstsein haben sollten (hatte ich jedenfalls gehofft) die ihre Kinder und die deutsche Leitkultur vor allem Fremden, Neuen glauben beschützen zu müssen, Menschen, denen die tatsächlichen Mechanismen und Gründe für ihre Ängste zu kompliziert sind und die deshalb die Schuld an allem bei Anderen suchen,  macht mir große Angst.

Der extreme Rassismus, der auch in der sogenannten bürgerlichen Mitte vorkommt und seit Jahrzehnten auch von der Politik totgeschwiegen wird, macht mir Angst.

Die Entschlossenheit und die Bedrohlichkeit dieser Szenarien macht mir Angst und ich frage mich: was passiert als nächstes?
Das letzte Mal, als tausende Wutbürger*innen auf die Straße gingen und  ihre angeblichen Ängste kundtaten, als daraufhin die Politik forderte, man müsse die Sorgen ernstnehmen, das war vor etwas mehr als 20 Jahren. Daraufhin brannten Asylbewerberheime in Rostock-Lichtenhagen und Hoyerswerda und die so besorgten Bürger*innen standen daneben und klatschten. Als Reaktion darauf wurde das bis dato sehr liberale deutsche Asylrecht de facto abgeschafft.

Was also wird diesmal passieren, wenn Menschen gegen Multukulturalismus, gegen Pluralismus, gegen Vielfalt auf die Straße gehen?

Ich will es eigentlich gar nicht wissen.

Von Trauerkartoffeln, Demonstrierenden und einer zerplatzenden Mandarine

Am vergangenen Samstag marschierten im kleinen Städtchen Remagen (etwa auf halber Strecke zwischen Bonn und Koblenz) wie jedes Jahr einige Neonazis auf. Ziel des alljährlichen Trauermarsches ist die Schwarze Madonna, eine Statue, die von einem Kriegsgefangenen der Alliierten. einem bekennenden Nationalsozialisten des Dritten Reichs, gefertigt wurde.

Warum Remagen? Ein kurzer Hintergrund

Dieser “Künstler” war zusammen mit einigen tausend anderen kurz nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges in den sogenannten Rheinwiesenlagern (u.a. in Remagen) untergebracht. Da die Alliierten aber von der Menge der Gefangenen überfordert waren, kamen dort wissenschaftlichen Schätzungen zufolge 5000 bis 10000 deutsche Kriegsgefangene ums Leben.

Diese Zahl wird nun von Neonazis aufgebauscht, die inzwischen von 1 Million Toten in den Rheinwiesenlagern sprechen und diese Lager zum wahren Völkermord des zweiten Weltkriegs erklären, gegen den die unzähligen, von Deutschland verursachten Toten verschwindend gering seien.

Als würde das nicht schon ausreichen, um sich vor Ekel übergeben zu wollen, steht die Schwarze Madonna trotz der Gesinnung ihres Schaffenden weiterhin in der Remagener Friedenskapelle, deren Gedenktafel sich ausschließlich der deutschen Toten des zweiten Weltkrieges widmet. Grund genug also für Rechte aus ganz Deutschland, diesen Ort zur Pilgerstätte zu erklären.

Gegenveranstaltung zum diesjährigen Trauermarsch

Erst im vergangenen Jahr gründete sich daher ein Bündnis, das unter dem Motto “NS-Verherrlichung stoppen!” eine Gegendemonstration zum Trauermarsch organisiert. Diese Demonstration wurde dieses Jahr durch eine Kundgebung des erst vor wenigen Monaten gegründeten Bündnisses “Remagen Nazifrei!” unterstützt. Die Kundgebung befand sich in Sicht- und Hörweite der Neonazis und beabsichtigte, ihre Schweigeminute und Andacht durch Lärm zu stören.

Während die ca 150 Neonazis also um ihren eingebildeten Völkermord trauerten, boten ca 500-600 Demonstrierende und ein Lautsprecherwagen alles auf, um die Rechten zu stören.

Dabei flogen aus einer Ecke sowohl verschiedene Obstsorten (was nicht wirklich tragisch ist) als aber auch vereinzelt Steine aus der Menge in Richtung der Nazis. Daraufhin allerdings stürmten ca 100 Einsatzkräfte der bayerischen Polizei ( die nicht nur keiner Kennzeichnungspflicht unterliegen, sondern in der Vergangenheit mehrmals durch rechte Skandale innerhalb der eigenen Reihen in Erscheinung traten) ohne Vorwarnung die Versammlung. Eine wirkliche Strategie war nicht erkennbar, stattdessen wurden beinah ausschließlich die ersten fünf Reihen der friedlich Demonstrierenden mit Schlagstöcken, Pfefferspray und Körpereinsatz zu Boden gebracht und vom Rand der Kundgebund weggetrieben. Dabei kam es zu bisher 21 bekannten Verletzungen, von denen 16 direkt durch Polizist*innen verursacht wurden- Schädelplatzwunden, eine Mittelhandfraktur, ein gequetschter Fuß, mehrmaliger Verdacht auf Schädel-Hirn-Traumata und weitere Verletzungen waren das Resultat.

War der Polizeieinsatz in dieser Form notwendig?

Dass Steine geworfen wurden, war falsch. Da auch Hunde zwischen den Polizist*innen standen, hätten auch diese getroffen und verletzt werden können ( im Gegensatz zur gut gepolsterten Hundertschaft müssen diese nämlich ungeschützt und mit Maulkorb jede Situation ertragen, in die sie hineingezwungen werden). Gewalt ist niemals ein legitimes Mittel ( auch wenn das Bild eines glatzköpfigen Nazis, an dessen Kopf eine Mandarine zerplatzt, wirklich faszinierend war und ich zwischen Obst und Steinen doch noch unterscheiden würde). Steine auf Menschen und über Menschenmengen hinweg zu werfen,ist einfach gefährlich.

Jedoch kamen diese Würfe nicht aus den ersten Reihen, außerdem handelte es sich nur um vereinzelte Vorfälle. Durch das Vorgehen der Polizei jedenfalls wurde die Situation nicht entschärft, sondern unnötige Panik unter den friedlich Demonstrierenden hervorgerufen. Neben mehreren Verletzungen und der Notwendigkeit, die Kundgebung vorzeitig aufzulösen, mussten die Demonstrierenden daher nicht nur eine extreme Einschränkung ihres Versammlungsrechts inkauf nehmen, die Polizeitaktik schlug auch absolut fehl und zeigt einmal mehr, dass linke Aktivist*innen allzu oft kriminalisiert und pauschal bestraft werden. Vermutlich hätte es auch ausgereicht, wenn vonseiten der Veranstalter*innen der Kundgebung noch einmal ausdrücklich darauf eingegangen worden wäre, dass fliegende Steine nicht erwünscht sind.

Es bleibt zu hoffen, dass sich auch die eingesetzten Polizist*innen dieser Tatsache bewusst sind und endlich aufhören,  kollektiv alle gerade greifbaren Demonstrierenden für einzelne Ausschreitungen zu bestrafen.

Antifaschismus ist “peinlich”- Ein Beispiel für die Stigmatisierung linker Politik

In der Nacht vom 22. auf den 23. Oktober wurde im bisher vorallem durch Bischof Teebarz van Elst  bekannten beschaulichen Kleinstädtchen Limburg an der Lahn ein 55-jähriger Mann aus Ruanda in einem Obdachlosenheim ermordet.

Die Polizei geht von einem fremdenfeindlichen Motiv aus.  ( Der Spruch “Es gibt kein ruhiges Hinterland” kommt einem da zwangsläufig in den Sinn..)

Daraufhin fand vergangenen Sonntag eine Demonstration mit ca 150-200 Teilnehmer*innen statt, die vor allem von außerhalb angereist waren- Limburg selbst hat leider keine nennenswerte aktive antifaschistische Szene und vor allem keine diesbezügliche Organisationsstruktur.

Allerdings waren die Teilnehmenden selbst überrascht, dass vonseiten der Zuschauer*innen mehrmals positive Kommentare und Zuspruch für diese Demo kamen. Gleichzeitig wird dadurch deutlich, wie notwendig es war, auch in Limburg antifaschistisch präsent zu sein und sich nicht nur auf die Städte zu konzentrieren.

Die investigativ höchst kompetente Naussauische neueste Presse dagegen beginnt ihren Artikel über die absolut friedlich verlaufene Demonstration mit den Worten “Die Demonstration war fragwürdig, verlief peinlich, blieb aber immerhin friedlich.”

Peinlich wegen der mangelnden Ortskunde, da auch die Anmelder*innen selbst nicht aus Limburg stammen, fragwürdig, da es ja noch nicht bewiesen sei, dass der Mann tatsächlich aus rassistischen Motiven getötet worden sei- und das Erstaunen über den friedlichen Verlauf scheint der Erwartung der Journalist*innen, dass nicht alle linksaktiven Menschen primitive Krawallfans sind, nicht gerecht zu werden.

Laut O-Ton dieser Zeitung hatte also die Demonstration keine Berechtigung, weil der Mord nicht sicher rassistisch motiviert war. Zudem sollen sich auswärtige Menschen nicht in Limburger Angelegenheiten mischen, weil sie ja sowieso keine Ahnung haben. Antifaschismus soll also erst dann toleriert werden, wenn jemand gewaltsam durch Rassismus zu Tode gekommen ist? Latenter Rassismus, Ausgrenzungen, Diskriminierungen jeder Art, die entwürdigenden Blicke, mit denen wohnungslose Menschen viel zu häufig bedacht werden, rechte Jugendgruppen in Jugendzentren der Umgebung, bekannte Neonazis, die in die Region ziehen, sich dort niederlassen und rechte Versandhandel betreiben- alles Dinge, die nach Meinung dieses Artikels absolut normal sind und auch totgeschwiegen werden können? Scheinbar ja.

Wenn aber antifaschistischer, antidiskriminierender Arbeit eine so klare Absage erteilt wird, sie ins Lächerliche gezogen und mit stumpfen Vorurteilen versehen wird, entsteht ein gesellschaftliches Klima, in dem Rassismus wunderbar wachsen und gedeihen kann, er wird ja von keiner Seite eingedämmt. Und so kann es dann zu solchen Morden kommen. Rassistisch motivierte Straftaten entstehen nicht einfach isoliert. Sie entspringen häufig genug der Mitte einer Gesellschaft, die Rassismus fördert und erleichtert, in dem sie antifaschistische Arbeit denunziert, bei rassistischen Aussagen und Diskriminierung wegschaut und jegliche Existenz rassistischen Gedankengutes verleugnet.

Wo ein rassistischer Mord passiert, trägt immer auch die Gesellschaft die Verantwortung, die dies zugelassen hat.

“Feministinnen wären doch viel lieber Männer”

Gleich mein erster Post auf dieser Seite wird ein genervter Politik-und-Gesellschaft-werden-es-nie-begreifen-Post.

Und zwar kann ich es trotz jahrelangen queerfeministischen* Engagements immer noch nicht fassen, was für eine dumme und stumpfsinnige Auffassung Menschen von Feminismus haben können.

Menschen,die sich mit dem Thema noch nie befasst haben, Menschen, die glauben, dass Feminismus die Versklavung der Männer bedeutet, Menschen, für die die Frauen immer noch hinter den Herd gehören und auch solche Menschen, die ganz genau zu wissen glauben, welchem Schönheitsideal Frauen zu entsprechen haben.

Von solchen Menschen kommen Aussagen, nach denen Feminist*innen wie Männer behandelt werden wollten, nach denen sie sich sämtliche Haare so lange wachsen lassen, bis man sich wünsche, sie wären Männer ( und das ist ein Facebookzitat eines Menschen, der mit dieser Aussage Feminismus definieren wollte!), nach denen man ja an Alice Schwarzer sehen könne, wie scheiße Feminismus sei oder dass Männer doch auch Rechte hätten.

Als ob (Queer-)Feminismus bedeutet, dass Männer unterjocht würden. An all diese Menschen, setzt euch doch mal mit der Frauenbewegung auseinander, vergleicht Zahlen, beobachtet und analysiert die Stellung der Frauen in unserer Gesellschaft!

Noch immer verdienen Frauen* in den gleichen Positionen weniger als Männer ( Stichwort Equal Pay Day), noch immer sehen sich  Frauen*  unglaublichem gesellschaftlichem Druck ausgesetzt, wenn sie sich die Beine nicht rasieren, wenn sie Pumps unbequem finden oder wenn sie die Karriere einer Familie vorziehen. Noch immer sind Frauen* in einem Land wie Deutschland, in dem sie knapp 50% der Bevölkerung stellen, selbst im Bundestag krass unterrepräsentiert, ganz zu schweigen von Aufsichtsräten, Unternehmen etc.

Doppelt so viele Mädchen wie Jungen, fast 30% (!!) entwickeln (zumeist aufgrund gesellschaftlicher Zwänge und Schönheitsideale)  Essstörungen. Der Anspruch an Frauen* besteht nicht mehr darin, gute Mütter und Hausfrauen zu sein, sondern, sofern sie sich für eine Karriere entscheiden, erfolgreiche Karrieristinnen, Hausfrauen UND Mütter.

Was als sexuelle Befreiung der Frau* propagiert wird, ist zumeist nichts weiter als die Reduzierung von Frauen*als Lustobjekt auf ihre sexuelle Anziehungskraft und zwar sowohl in diversen Medien als auch in der Werbung und häufig genug auch in der Politik (von der Tatsache, dass extrem wenig Männer zur Prostitution gezwungen werden, aber unzählige Frauen* will ich jetzt garnicht anfangen).

Frauen* müssen in erster Linie immer noch hübsch sein, dann kommen Dinge wie Intelligenz oder  Durchsetzungsvermögen. Apropos Durchsetzungsvermögen, zeigen sich Frauen* in der Öffentlichkeit als besonders durchsetzungsfähig, werden sie ziemlich häufig als unsympathisch wahrgenommen, bei Männern dagegen gilt Durchsetzungsvermögen als positive Charaktereigenschaft.

Kann es denn wirklich sein, dass unter solchen Bedingungen der Einsatz für eine Gleichbehandlung, für eine Unterstützung der Menschen nach ihren Fähigkeiten statt nach ihrem gesellschaftlich zugeschriebenen Geschlecht, der Einsatz für die Möglichkeit Aller, frei und ohne gesellschaftlichen Druck zu entscheiden, wie sie ihr Leben gestalten möchten, kann es da tatsächlich sein, dass dieser Einsatz als Bedrohung wahrgenommen wird, und zwar vor allem von den sogenannten Cis*Männern, die eigentlich ganz glücklich darüber sind, in einer noch immer patriarchal aufgestellten Gesellschaft das schöne Los gezogen zu haben, nicht aufgrund ihrer Geschlechtszugehörigkeit diskriminiert zu werden und denen es auch egal ist, wenn es andere Menschen gibt, denen genau dies passiert? Und dass diese Menschen, wenn ich mit ihnen versuche inhaltlich zu diskutieren, mich aufgrund meines Geschlechts angreifen und diskriminieren und ich dann die Unterhaltung beende, weil es kein Meinungsaustausch sondern diskriminierendes, sexistisches Überheblichkeitsgerede ist, dass diese Menschen darin die typisch weibliche Unterlegenheit erkennen wollen?!

Feminismus bedeutet einen Kampf für Gleichberechtigung, keinen Kampf darum, wer jetzt wen unterdrücken darf. Wann findet endlich dieses Umdenken in der Gesellschaft statt, wann hört Calzedonia auf, Unterwäschewerbung mit barbusigen Frauen zu machen und wann hört H&M endlich auf, Frauen mit Konfektionsgröße 40 als oversized zu bezeichnen? Und wann ist endlich in dieser Gesellschaft auch Platz für die Menschen, die die klassischen Rollenunterteilungen in männlich/weiblich nicht mittragen wollen und sich keiner der beiden Gruppen zuordnen können?

Ich möchte in keiner Welt leben, in der ich für intellektuelle Erfolge gelobt werde, weil das für mich als Frau ja eher untypisch ist und für meine Pläne, mein Leben nicht als Hausfrau zu führen, verachtet werde und gleichzeitig möchte ich, dass jede Frau*selbst entscheiden kann, ob sie Karriere macht oder zuhause bleibt- ohne dumme Kommentare. Solange ich mir primär dadurch Gehör verschaffen kann, dass ich tiefe Ausschnitte trage und Musikvideos und Lieder wie Robin Thickes “Blurred Lines” rape culture propagieren und suggerieren, die Frau* sei einzig und allein zum Vergnügen des Mannes da, so lange werde ich all meine Kräfte einsetzen und kämpfen, bis sich vielleicht irgendwann etwas ändert.

Und deshalb: Still <3’ing feminism. Heute und auch in 10 Jahren noch, so lange, bis queerfeministische Bewegungen nicht mehr nötig sind, weil es keine Geschlechterdiskriminierung und Rollenvorschriften mehr gibt.

*Queerfeminismus ist die Erweiterung des klassischen Feminismus, also des Einsatzes für die Rechte von Frauen, um den Einsatz für die Gleichstellung sämtlicher Menschen, die aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder auch ihrer eindeutigen oder uneindeutigen Geschlechtszugehörigkeit diskriminiert werden.